SUPERPOSITION

23.01.2020 - 29.02.2020

© Artists & Diskurs Berlin / Photos: Courtesy of the artists & Diskurs Berlin

 

Lucas BUSCHFELD

ONO (Type F, untitled), 2020 pigmented ink on paper 9 works from the Onographic series 297 x 210 mm

From the series Light Structures (untitled), 2017 archival pigment print on Hahnmühle baryta 1798 x 1208 mm

ONO (Type FC, untitled), 2020 pigmented ink on paper 6 works from the Onographic series 420 x 297 mm

Edith KOLLATH

Trying to expand, 2020 spy mirrors, casted light bulbs, code 1800 x 900 x 400 mm

If it were a sheet of paper, 2017 silk paper, electromagnetic mechanism, dark mirror 1500 x 450 x 450 mm

Sebastian WOLF

lovesmenot, 2019 mechanical gripper, electronics, daisy flower 1300 x 300 x 300 mm

Olaf SCHIRM

fadeR, 2016 kinetic spray installation metal gallows, special canvas, spray, electronics 2500 x 750 x 2000 mm 3min 30sec

SWARM, 2019 kinetic sound installation parallel and ambient loudspeakers, electronics 1610 x 400 x 480 mm 6min 30sec

 

Lucas Buschfeld

Edith Kollath

Olaf Schirm

Sebastian Wolf 

 

Curated by

Olaf Schirm

 

 

German version see below.

 

The philosopher William von Occam recommended in the Middle Ages to free philosophy from all superfluous things with a razor knife, in essence to pursue the simplest explanation in the sense of coherence. This is a method which is nowadays commonly used when we perceive the “real world” because it makes life much easier and frees us from the need to weigh up the countless possibilities that present themselves at each and every moment. But consequently, this ease carries with it a big disadvantage:

 

According to today's knowledge in theoretical and experimental physics, the material from which everything originated and originates carries the fundamental property of possibility in itself. The fundament of all is probability and not absolute clarity. We know this from quantum physics research of the past 100 years, due to the groundbreaking thoughts and theories of Max Planck, Niels Bohr, Werner Heisenberg, and many others. According to them, by renouncing possibilities, one actually destroys the possibilities if one does not consider them.

 

Take the thought experiment of Nobel Prize winner Erwin Schrödinger in 1935. In the hypothesis a cat is enclosed in a box containing a deadly mechanism, there is a 50% probability the mechanism will be trigged sometime or never and leads to the realization that one does not know whether the cat is alive or not, as long as one does not look inside the box. The cat, in this thought experiment, is in a state of superposition, of being and non-being. In the 1805 famous double-slit experiment this even became and becomes visible, because here light occurs simultaneously as both a particle and a wave and completely contradicts our perception that something can only be one single thing in one solid-state at the same time.

 

Indeed, the observation, the measurement, the "looking" or “perception” destroys the superposition and forms a concrete manifestation. Like a breaking wave, the probability wave collapses and forms the unambiguous reality. The cat is alive! ...and there is no separation between the observer and the observed... The destructive power of observation therefore also leads to genesis, to emergence, to the crystallization of safety in the quantum foam of possibilities. 

 

Another Nobel Prize winner, nobody less than Albert Einstein himself, could not believe this, as it shook his ingenious space-time construct of the theory of relativity. He asked, "is the moon there when I'm not looking at it?" and later he continued on the subject of "God doesn't roll a dice!”. We now know, yes, the moon is actually there, because it is constantly "measured" by subatomic and wave interactions and as Niels Bohr replied: "whether God rolls the dice or not, only God decides because he makes the rules".

 

With the works of the participating artists, the exhibition "Superposition" aims to focus on the aspect of reality formation through observation. The critical perception of the exhibited works leads to the formation of experiences, this is exactly what the works invite us to. In addition to their typical artistic, sculptural, technical structure, the installations have a narrative level that unfolds inside the viewer. This is a core component of the art movement "Science Art", which can be experienced here, if one is willing to perceive it and, as a consequence, is given the opportunity to discover new realities.

 

Enjoy the journey of your discoveries!

 

Olaf Schirm

 

 

Lucas Buschfeld 

lucasbuschfeld.com

(*1983, Köln) lebt und arbeitet in Berlin. Kunststudium an der Kunsthochschule für Medien in Köln sowie am Institut für Raumexperimente, Klasse Olafur Eliasson, Universität der Künste Berlin. Seine Arbeiten wurden u.a. in Ausstellungen in der Neuen Nationalgalerie, im Hamburger Bahnhof, im Museum of Contemporary Art Tokyo, im Museum für Angewandte Kunst Köln und im ZKM gezeigt. Buschfelds meist installative Arbeiten, öffnen in der kontemplativen Betrachtung einen Raum für die sinnliche Wahrnehmung natürlicher Gesetzmäßigkeiten und erlauben es der/dem Betrachter/in ihr/sein Erleben einer objektiven physischen Realität um die Dimension einer sinnlich konstruierten Wirklichkeit zu erweitern.

 

Edith Kollath 

www.edithkollath.com

(*1977, Eutin) untersucht in ihrer künstlerisch-forschenden Praxis rekursive Bewegungen und Systeme - organische und digitale -, die offen für Kontingenz sind. Multimedial verfolgt sie das Vorhaben, dynamische Spannungsverhältnisse und fragile Zustände sinnlich erfahrbar zu machen und auf ihre sozialen und theoretischen Kontexte hin zu befragen. Sie studierte Kostümdesign und Bildende Kunst in Hamburg. Von 2006 bis 2009 war sie aktives Mitglied im Hackerkollektiv NYC Resistors in New York, USA. Von 2010 an leitet sie diverse Workshops und hat Lehraufträge, u.a. auch an der Bauhaus Universität Weimar, wo sie seit 2015 an der Schnittstelle von Wissenschaft und Kunst promoviert. Sie erhielt zahlreiche Stipendien, ihre Arbeiten werden im internationalen Kontext präsentiert und ihre erste Monografie »Manoeuvre of Plenty« erschien 2013 im Distanz Verlag.

 

Olaf Schirm

 www.olaf-schirm.de
(*1958, Berlin) ist unter dem Namen Symboter seit den 70er-Jahren als Musiker in der elektronischen Musik und Klangkunst tätig. Sein Hintergrund der Biologie und Physik, gepaart mit seinen künstlerischen und Ingenieurs-Familienwurzeln führte zur Gründung von Unternehmen der 3D-Computeranimation, Echtzeit Motion Capture Technologie, Avatare und Chatbots, Forschungsrobotik und E-Couture. Er erhielt Auszeichnungen vom Royal College of Art London, Siggraph Los Angeles, Byte Magazine, Medikinale.  Als internationaler Künstler im Bereich Science Art untersucht er Fragen der Wahrnehmung, der Zeit und der Mensch-Maschine-/KI-Beziehung. Olaf Schirm ist zudem Autor, Kunstsammler und Sprecher bei Podiumsdiskussionen und Konferenzen. Er kuratiert Ausstellungen von Sammlerkunst und Science Art. 

 

Sebastian Wolf 

www.einsdreidrei.com

(*1989, Deutschland) entwirft und konstruiert interaktive kinetische sowie Lichtinstallationen, angetrieben durch die Faszination für neue Technologien und deren ästhetisches sowie emotionales Potential.  

 

 

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Der Philosoph William von Occam empfahl im Mittelalter, die Philosophie mit einem Rasiermesser von allem Überflüssigen zu befreien, also im Sinne der Kohärenz die einfachste Erklärung zu verfolgen. Das ist eine Methode, die im Alltag heute gerne in der Betrachtung unserer „realen" Welt zur Anwendung kommt, macht sie das Leben ja viel einfacher und befreit uns von der Abwägung unzähliger Möglichkeiten, die sich in jedem Augenblick bieten.

 

Die Ausstellung „Superposition“ möchte hier ansetzen und mit den Werken von vier Künstlern die Beobachtung von Vorgängen ermöglichen, die sowohl die Sicht nach Außen erweitern, wie auch im Innern des Betrachters auf ein Erlebnis der Wahrnehmung verdichten.

 

Der Stoff, aus dem alles entstand und entsteht, trägt nach den heutigen Erkenntnissen der Physik in sich die grundlegende Eigenschaft der Möglichkeit. Allem zugrunde liegt also die Wahrscheinlichkeit und nicht die Sicherheit, das wissen wir aus der Quantenphysik seit Max Planck, Niels Bohr, Werner Heisenberg und vielen anderen. Demnach verzichtet man auf Möglichkeiten, ja, man vernichtet sie sogar, wenn man sie nicht beachtet.

 

Das Gedankenexperiment des Nobelpreisträgers Erwin Schrödinger aus dem Jahre 1935 mit einer eingeschlossenen Katze in einer Box, einen tödlichen Mechanismus enthaltend, welcher mit 50%iger Wahrscheinlichkeit irgendwann auslöst oder auch nicht, führt zu der Erkenntnis, dass man nicht weiß, ob die Katze lebt oder nicht, solange man nicht nachsieht. Die Katze befindet sich gedanklich im Zustand der Superposition, der Überlagerung, von Sein oder Nicht-Sein. Im berühmten Doppelspaltexperiment von 1805 wird dies sogar sichtbar, da hier Licht gleichzeitig sowohl als Teilchen, als auch als Welle auftritt und unserer Wahrnehmung, dass etwas nur eines sein kann, völlig widerspricht.

 

Erst die Beobachtung, die Messung, das „Nachschauen“ zerstört die Überlagerung und bildet eine konkrete Erscheinungsform aus. Wie bei einem Wellenbrecher kollabiert die Wahrscheinlichkeitswelle und formt die eindeutige Realität. Die Katze lebt! …und es gibt keine Trennung von Beobachter und Beobachtetem…. Die zerstörerische Kraft der Beobachtung führt demnach auch zur Genesis, zur Entstehung, Auskristallisierung von Sicherheit im Quantenschaum der Möglichkeiten.

 

Ein weiterer Nobelpreisträger, kein Geringerer als Albert Einstein, konnte das nicht glauben, rüttelte es doch an seinem genialen Raumzeit-Konstrukt der Relativitätstheorie. Er fragte „Ist denn der Mond auch da, wenn ich nicht hinsehe?" und später meinte er weiterhin zu dem Thema „Gott würfelt nicht!". Wir wissen inzwischen ja, der Mond ist tatsächlich da, weil er ständig durch Wechselwirkungen „gemessen" wird. Und Niels Bohr antwortete: „Ob Gott würfelt oder nicht, entscheidet nur Gott, denn er macht die Regeln."

 

Die Ausstellung „Superposition" möchte mit den Werken der beteiligten Künstler/innen den Aspekt der Realitätsformung durch Beobachtung in den Mittelpunkt ihrer Aussage rücken. Die Beschäftigung mit den ausgestellten Werken führt zur Formung von Erlebtem und dazu laden die Werke ein. Die Installationen haben neben ihrem künstlertypischen, skulpturalen, technischen Aufbau eine erzählerische Ebene, die sich im Inneren des Betrachters öffnet. Dies ist ein Grundbestandteil der Kunstrichtung „Science Art", die sich hier erleben und erfahren lässt, wenn man bereit ist, sie wahrzunehmen und als Konsequenz die Gelegenheit erhält, neue Realitäten zu entdecken.

 

Wir wünschen Ihnen viel Spaß auf Ihrer Entdeckungsreise!

 

Olaf Schirm

 

 

Lucas Buschfeld 

lucasbuschfeld.com

(*1983, Köln) lebt und arbeitet in Berlin. Kunststudium an der Kunsthochschule für Medien in Köln sowie am Institut für Raumexperimente, Klasse Olafur Eliasson, Universität der Künste Berlin. Seine Arbeiten wurden u.a. in Ausstellungen in der Neuen Nationalgalerie, im Hamburger Bahnhof, im Museum of Contemporary Art Tokyo, im Museum für Angewandte Kunst Köln und im ZKM gezeigt. Buschfelds meist installative Arbeiten, öffnen in der kontemplativen Betrachtung einen Raum für die sinnliche Wahrnehmung natürlicher Gesetzmäßigkeiten und erlauben es der/dem Betrachter/in ihr/sein Erleben einer objektiven physischen Realität um die Dimension einer sinnlich konstruierten Wirklichkeit zu erweitern.

 

Edith Kollath 

www.edithkollath.com

(*1977, Eutin) untersucht in ihrer künstlerisch-forschenden Praxis rekursive Bewegungen und Systeme - organische und digitale -, die offen für Kontingenz sind. Multimedial verfolgt sie das Vorhaben, dynamische Spannungsverhältnisse und fragile Zustände sinnlich erfahrbar zu machen und auf ihre sozialen und theoretischen Kontexte hin zu befragen. Sie studierte Kostümdesign und Bildende Kunst in Hamburg. Von 2006 bis 2009 war sie aktives Mitglied im Hackerkollektiv NYC Resistors in New York, USA. Von 2010 an leitet sie diverse Workshops und hat Lehraufträge, u.a. auch an der Bauhaus Universität Weimar, wo sie seit 2015 an der Schnittstelle von Wissenschaft und Kunst promoviert. Sie erhielt zahlreiche Stipendien, ihre Arbeiten werden im internationalen Kontext präsentiert und ihre erste Monografie »Manoeuvre of Plenty« erschien 2013 im Distanz Verlag.

 

Olaf Schirm

 www.olaf-schirm.de
(*1958, Berlin) ist unter dem Namen Symboter seit den 70er-Jahren als Musiker in der elektronischen Musik und Klangkunst tätig. Sein Hintergrund der Biologie und Physik, gepaart mit seinen künstlerischen und Ingenieurs-Familienwurzeln führte zur Gründung von Unternehmen der 3D-Computeranimation, Echtzeit Motion Capture Technologie, Avatare und Chatbots, Forschungsrobotik und E-Couture. Er erhielt Auszeichnungen vom Royal College of Art London, Siggraph Los Angeles, Byte Magazine, Medikinale.  Als internationaler Künstler im Bereich Science Art untersucht er Fragen der Wahrnehmung, der Zeit und der Mensch-Maschine-/KI-Beziehung. Olaf Schirm ist zudem Autor, Kunstsammler und Sprecher bei Podiumsdiskussionen und Konferenzen. Er kuratiert Ausstellungen von Sammlerkunst und Science Art. 

 

Sebastian Wolf 

www.einsdreidrei.com

(*1989, Deutschland) entwirft und konstruiert interaktive kinetische sowie Lichtinstallationen, angetrieben durch die Faszination für neue Technologien und deren ästhetisches sowie emotionales Potential.  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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